Yoshinori Niwa
Withdrawing Adolf Hitler from a Private Space

Installation, Video / Auftragswerk

Daten
21.9.–14.10.2018

Ort
Hauptplatz
Graz

Produktionsangaben
In Auftrag gegeben und produziert von steirischer herbst

Vielleicht ist es eine eingerissene Fotografie, ein offizielles Dokument, ein bestimmtes Buch oder vielleicht sogar eine komplette Uniform. Was auch immer es ist, man kann es keinem zeigen, denn es geht einher mit schon lange von uns gegangenen Angehörigen in der dunkelsten Episode einer noch gar nicht so fernen Vergangenheit. Nichtsdestotrotz will man so etwas weder verkaufen noch vernichten. Es wird in den tiefsten Schubladen verstaut und in die entlegensten Ecken des Dachbodens verbannt. Nie weiß man genau, wer sonst noch derlei Relikte besitzt, denn zeigen darf man sie nicht, weil das in Österreich verboten ist. Aber man stellt sich vor, dass viele andere Menschen ebenso verfahren.

In seiner neuen Arbeit für den steirischen herbst, die im öffentlichen Raum stattfindet, spielt der Künstler Yoshinori Niwa mit dieser kulturellen und rechtlichen Situation der Privatsphäre und Ungewissheit. In einer öffentlichen Kampagne bietet er an, unerwünschte oder kompromittierende Erinnerungsstücke aus der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus zu entsorgen. Die Menschen können sich auf anonyme Weise von diesen Objekten trennen, indem sie sie einfach in einen im Stadtzentrum aufgestellten Container werfen. Unter amtlicher Aufsicht und unter Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften wird der Inhalt gesammelt und später vernichtet.

Wesentlicher Bestandteil dieses sich Entlastens ist es, dass die Öffentlichkeit nie erfahren wird, was und wie viel genau gesammelt wurde oder von wem die Gegenstände stammen. Es ist möglich, dass der Container randvoll ist; er kann aber auch leer bleiben. Für Niwa ist entscheidend, die Phantasie anzuregen. Die Besitzer*innen solcher Andenken sollen vor die ethische Wahl gestellt werden: an diesen Spuren einer belasteten Vergangenheit festzuhalten oder sich für eine „saubere“ Form der Entsorgung zu entscheiden, und in eine Zukunft aufzubrechen, die von solchen Objekten befreit ist.

Kamera: Constantin Lederer
Videoschnitt: Yoshinori Niwa
Grafikdesign: Yelena Maksutay

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Retrospektive
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