Midnight Movies 2003

Kontinentalverschiebung


Filmvorführung

Daten
24.–30.10.2003

Details
Fr. 24. 10. 2003
Eröffnungsabend
20 Uhr
Auto Focus
Paul Schrader, USA, 2002, 105 min, DF
Sa. 25. 10. 2003
18 Uhr
Spider
David Cronenberg, FRA / CAN / GB, 2002, 99 min, OF
20 Uhr
Auto Focus
Paul Schrader, USA, 2002, 105 min, DF
22 Uhr
Irréversible
Gaspar Noe, FRA, 2002, 94 min, OmU
So. 26. 10. 2003
18 Uhr
Los Sin Nombre (The Nameless)
Jaume Balaguer—, SPA, 1999, 96 min, DF
20 Uhr
The Dancer Upstairs (Der Obrist und die Tänzerin)
John Malkovich, SPA / USA, 2002, 127 min, DF
22 Uhr
Skin Gang
Bruce La Bruce, CAN, 1999, 70 min, OmU
Mo. 27. 10. 2003
18 Uhr
The Yards
James Gray, USA, 2000, 111 min, OmU
20 Uhr
FearDotCom
William Malone, GB / BRD / LUX, 2002, 101 min, DF
22 Uhr
Hey, Happy!
Noam Gonick, CAN, 2001, 75 min, OmU
Di. 28. 10. 2003
18 Uhr
Seated Figures
Michael Snow, CAN, 1988, 42 min, ohne Dialoge
To Lavoisier who died in the Reign of Terror
Michael Snow, 1991, 58 Min., ohne Dialoge
20 Uhr
Bamboozled
Spike Lee, USA, 2000, 135 min, OmU
22 Uhr
Los Sin Nombre (The Nameless)
Jaume Balaguer—, SPA, 1999, 96 min, OmU
Mi. 29. 10. 2003
18 Uhr
The Big One
Michael Moore, USA / GB, 1997, 90 min, OmU
20 Uhr
Possible Worlds
Robert Lepage, CAN, 2000, 88 min, OF
22 Uhr
Intacto
Juan Carlos Fresnadillo, SPA, 2001, 106 min, DF
Do. 30. 10. 2003
18 Uhr
Spider
David Cronenberg, FRA / CAN / GB, 2002, 99 min, OF
20 Uhr
Dogville
Lars von Trier, DEN / USA, 2003, 177 min, OmU

Ort
Filmzentrum im Rechbauerkino
Graz

„Ich will mich nicht in Spekulationen verlieren über all die abartigen Phantasien, die nach Mitternacht in den Hirnen des Publikums herumgeistern, aber ich denke, dass dann selbst Lassie einem Werwolf ähnelt.“ Andrew Sarris, 1971

Mitternacht, das ist, neben allen Assoziationen zu Spuk und Romantik, vor allem eine Zeitenscheide. Ein diffuses Moment des Dazwischen. Wo etwa wäre der präzise Übergangspunkt zu finden von 24 zu 0 Uhr? Wo exakt liegt der Trennpunkt von vergangenem und begonnenem Tag? Und was eigentlich ist dieser Niemandsraum? Ebenso symptomatisch (wenn auch unfreiwillig) scheint es also, dass just an diesem un(be)greifbaren Territorium die Midnight Movies „entstanden“, genauer: permanent im Entstehen waren. Ein Ungenre, ein Nichtsegment filmischer Ausdrucksweisen, welche die gesamte Palette möglicher Formen abzudecken imstande waren, und doch – bis eben auf jene ominöse „Mitternacht“ zwischen den frühen 60er- und späten 70er-Jahren – keinen Ort im „Betrieb“ finden konnten. Gewollt (manchmal auch ungewollt) subversive Arbeiten, zu elaboriert um dem modisch goutierbaren „Trash“, zu lustvoll unakademisch um der ohnehin nicht recht fassbaren Avantgarde zurechenbar zu sein. Und doch sich mit schöner Konsequenz zu Objekten beinah kultischer Verehrung entwickelnde Artefakte aus der kleinen Schnittmenge filmästhetischer Möglichkeiten. Von den frühen „gender studies“ eines Jack Smith oder Andy Warhol über David Lynchs obskures (um das Mindeste zu sagen) Spielfilmdebüt „Eraserhead“ bis hin zu Jodorowskys irrwitzigen Crossover-Mixes aus Mystik, Melo und „Me-Philosophy“ mäandert sich jedwede Begrifflichkeit von selbst ins Out. Das Avancement solcher Unikate konnte nur auf denkbar absurdeste Weise vonstatten gehen, will heißen: Fanden die Midnight Movies ihren Ort damals noch am Rand, in suspekten, schmuddeligen Off-Mainstream-Kinos, kann der gebriefte Afiçionado heute selbst im überdimensionierten Pool des Blockbuster-Cinemas fündig werden; im – wörtlich – überreichen Fundus der Megaproduktionen, die sich nur allzu oft als B-Pictures mit Maximum-A-Budget erweisen. Dort und im genreorientierten Fandom werden mitten im „heart of the system“ in schöner Permanenz die Frequenzen genutzt, um kleine, feine Störsignale zu senden. Ein Hauch von Schwarz im „Weißen Rauschen“ hier, eine gut getarnte Falltür im Global Village da, und schon wird selbst das megamedial generierte Ressentiment überführt und unterlaufen. Werden alle Trennungs- und Einigungsparameter von Bush’s Own Country und „altem Europa“ neu bzw. konkret bestimmt, wird das „europäische Amerika“, Kanada, zum unentdeckten Zentrum ästhetisch avancierter Bestandsaufnahmen der bilateralen Befindlichkeiten. Kurz, „neue Blicke durch alte Löcher“ (H. C. Artmann), eine konzentrierte Kontinentalverschiebung im Schuss-Gegenschuss-Verfahren.

Konzept / Idee: A. Heimo Sver
Konzept / Idee: Mario Schwarzl
Konzept / Idee: Beate Bachträgl

Retrospektive
Retrospektive
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