Radiophon / Zur Lage

Radiosendung / Radiokunst

Daten
25.9.–9.10.1999

Ort
Graz

Teil von
mundräume. sendeflächen

Das Literaturprojekt "mundräume.sendeflächen" des steirischen herbst 99 führt in konzentrierter Festivalsituation für vier Tage und an mehreren städtischen Live-Schauplätzen Vertreterinnen und Vertreter einer Schriftstellergeneration zusammen, die als erste die Effekte der Mediatisierung und der Popkultur voll in ihre Arbeit einbezieht und im Spannungsverhältnis zur älteren Kulturtechnik der Schrift zu entfalten sucht.

Aus der Rolle des einstigen Leitmediums verdrängt und von gesellschaftlich-moralischen Identitätsstiftungsaufgaben entlastet, hat die Literatur der 80er und 90er am Rand der in diesen Jahrzehnten entstandenen ubiquitären Mediengesellschaft Werke hervorgebracht, die die Wirklichkeitskonstruktionen und Codes der Medien einerseits als Wahrnehmungsbedingung in ihre Gestalt aufnehmen, ihnen andererseits aber die verschütteten und sedimentierten Erfahrungen und Werkzeuge aus den Arsenalen der Dichtungs- und Sprachgeschichte entgegenhalten.

Angesiedelt zwischen Pop und Avantgarde, wie sie die - inwiefern gegensätzlichen? – frühverstorbenen Dichter Brinkmann und Priessnitz repräsentieren, haben die deutschsprachigen Autorinnen und Autoren der mittleren bis jüngeren Generation intellektuell herausfordernde, kunstvoll gebaute und sinnlich erfahrbare Mundräume zwischen die vorformatierten Sendeflächen medienkompatibler Mainstreamveranstaltungen gesetzt.

Barthes' Devise vom "lauten Schreiben", der Lust an den körperlich-sinnlichen Qualitäten der Sprache folgend, bringt diese Dichtung wieder verstärkt ihre mündliche Herkunft, ihre Materialität zur Geltung. In der Weiterentwicklung von Formen des öffentlichen Vortrags und der Performance, wie sie von den Avantgarden seit Beginn dieses Jahrhunderts immer wieder praktiziert wurden, hat diese zum Teil ihre eigenen, listigen Sendeweisen jenseits der geläufigen Territorien der Literatur erarbeitet. Unter Einbeziehung von SchauspielerInnen (Udo Samel, Caroline Peters) und performanceerfahrenen Musikern (Frank Köllges) stellen renommierte wie junge DichterInnen ihre Arbeiten in einer Reihe von Live-Acts, Textinstallationen, Gesprächen, Zeitschriftenpräsentationen und theoretischen Vorträgen zur Diskussion.

Retrospektive
Retrospektive
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