Serie: Opera / Werke

Hellhörig und hellsichtig machend, wird in der Stadtoper Graz auf jene elementaren Bausteine reflektiert, die Oper als Kunstform insgesamt konstituieren. Sieben autonome und voneinander unabhängige, zugleich konkret aufeinander bezogene Hauptabteilungen formieren sich zu einem ästhetischen Reigen rund um den Themenkreis “Opera / Werke”. Vollkommene Umwertung aller Werte: entschieden und emphatisch wird das gesamte Konglomerat Oper auf den Kopf gestellt und gleichzeitig werden konstruktive Vorschläge gemacht, welche Formen heutige Oper annehmen könnte. Es geht um das Zusammentreffen der verschiedenen Kunstformen (mit dem sie verknüpfenden Fokus auf das Hören), vor allem um die Authentizität der einzelnen Künste, ihre je eigenen Rezeptions- und Wahrnehmungsformen und die daraus resultierenden sozialen Muster: mit dem Sektglas in der Galerie, mit der Platzkarte in Stuhlreihen oder allein mit einem Buch; und handelnde Person ist keine fiktive Gestalt, sondern ganz allein der Hörende und die auf das Hier-Sein bezogene Wahrnehmung. “Opera / Werke” zielt auf die Pluralität der Werk- und Wirkungsformen. Der Komponist beschränkt sich nicht mehr darauf, Notenpapier zu füllen. Er ist zugleich ein die Rolle der Musik und der Kunstinstitutionen reflektierender Klangkünstler und Klangökologe.

Der Gesang in der esc. hat nur vermittelt mit dem Phänomen vokaler Expression zu tun, ist vielmehr eine umfassende akustische Bestandsaufnahme des Phänomens Stadt – es ist die Stadt selbst, die singt –, ein enzyklopädischer Stadt-Klang-Katalog, eine urbane Hörbibliothek mit 36 CDs und ca. 400 Aufnahmen von verschiedenen Orten in Graz. Einzelne dieser “Phonographien” spielen denn auch die Hauptrolle in der Uraufführung des 2. Akts mit dem recreation—Klangkörper in der Helmut-List-Halle: Das Orchester – ein Stück in 10 Tableaus und 11 Intermezzi. Das Libretto von Yoko Tawada ist ein für sich allein stehendes Buch, als purer Leseakt konzipiert, ein Text / Buch also, das weder vertont noch gesungen wird. Die Handlung ereignet sich in der Oper Graz (wo sonst gibt es noch Handlung?!), doch verhandelt wird die Dialektik von absoluter Stille und dem weißen Rauschen zwischen Zeit und Zimmerflucht. Eine 10 Minuten kurze Installations-Performance für jeweils maximal 6 BesucherInnen. Die Kulisse ist geplant als große Intervention im zentralen öffentlichen Raum, als visuelle Schneise durch das gewohnte optische Dickicht der Stadt, um Herkömmliches an Bewusstseinsform und Wahrnehmung aufzuheben. Die Bestuhlung ist ein mobiler Korso mit 36 Stühlen, an verschiedenen Orten der Stadt aufgeschlagen zwecks möglicher Metamorphosen der Vermittlungen von Öffentlichkeit und Hör-Erfahrung. Das Publikum als letzter Akt in der Helmut-List-Halle mit dem Ensemble Zeitfluss Graz ist eine ästhetische Parallelaktion von Musik und Film unter dem Signum der “Utopie Kunst”. Ein Stück für 2 Filme, 2 Ensembles und 2 computergesteuerte Klaviere. Es geht für Peter Ablinger und Edgar Honetschläger in The Audience um eine komplementäre Horizont-Erweiterung – für das innovative Erlebnis Kino, in Allianz mit der Klangrede einer authentischen Jetztzeit-Musik. Nicht zuletzt hier wird die ästhetische Toposforschung der Stadtoper Graz zur konzentrierten Bereicherung unseres “sinnlichen Bewusstseins”.

Abgelegt unter „Opera / Werke“

Der Gesang
steirischer herbst ’05

Das Libretto
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Das Orchester
steirischer herbst ’05

Die Handlung
steirischer herbst ’05

Die Kulisse
steirischer herbst ’05

Die Bestuhlung
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Das Publikum
steirischer herbst ’05

Retrospektive
Retrospektive
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