Andrei Stadnikov mit Vanya Bowden, Shifra Kazhdan und Dmitry Vlasik
Chow Down! (Friss!)
Performance / Auftragswerk

Andrei Stadnikov mit Vanya Bowden, Shifra Kazhdan und Dmitry Vlasik, Chow Down! (Friss!), 2019, Performance, Foto: Clara Wildberger
Daten
11.–12.10.2019
Details
Dauer: ca. 80 min.
Ort
Maria Verkündigungskirche
Graz
Produktionsangaben
In Auftrag gegeben und produziert von steirischer herbst ’19
Nicht nur Wissen, sondern auch Essen ist Macht, das sieht man deutlich in Andrei Stadnikovs neuem Stück für fünf Schauspieler*innen. Der Ausgangspunkt für seine surreale Inszenierung ist ein makabres Kapitel der jüngsten russischen Geschichte: die Vergeltungssanktionen, mit denen Russland Nahrungsmittelimporte aus der EU belegte. Diesen Stoff beleuchtet Stadnikov durch Textfragmente aus jener russischen Kabinettssitzung, bei der beschlossen wurde, all jene Nahrungsmittel zu vernichten, die zuvor widerrechtlich aus der EU ins Land gebracht worden waren – ein Beschluss, der in einem Land, in dem Hungersnöte eine lange Geschichte haben, weithin als Sakrileg aufgefasst wird. Stadnikovs szenischer Nacherzählung dieser Entscheidung folgt ein fiktiver Leichenschmaus. Dasselbe Kabinett sitzt nun zu Füßen seines kürzlich verstorbenen Staatschefs. Pathetische Grabreden begleiten ein rituelles Fressgelage, das von einer gespenstischen Aufzählung illegaler Nahrungsmittel unterbrochen wird, welche an der Grenze beschlagnahmt und vernichtet wurden. Ein musikalischer Score basierend auf Klagerufen – fester Bestandteil der Trauerarbeit vieler Kulturen – untermalt die Handlung. Dazu kommt ein Arrangement eines Arbeitertrauermarschs: ein Auszug aus der berühmten Symphonie der Fabriksirenen(1922) des russischen Avantgardekomponisten Arseny Avraamov. Eindrucksvoll gerahmt vom brutalistischen Kirchenbau, in dem diese Inszenierung gezeigt wird, wird hier die kultische, beinahe religiöse Seite einer Lebensmittel-Politik hervorgekehrt, die zugunsten der Mächtigen die Sehnsüchte der Hungrigen mit Bulldozern plattmacht.
Konzept, Text, Regie: Andrei Stadnikov
Konzept, Bühne: Shifra Kazhdan
Konzept, Musik: Dmitry Vlasik
Kostüme: Vanya Bowden
Performance: Anton Kukushkin, Gladstone Makhib, Anastasia Pronina, Leonid Samorukov und Anastasia Velikorodnaya
Produktion: Evgeniya Petrovskaya, Darya Verner
Licht: Anton Astakhov
Skript-Übersetzung vom Russischen ins Englische: Thomas Campbell
Chor: Alexandru Cosarca, Margit Reif, Felix Scheuer und Sarah Zelt
Übertitel: Martin Thomas Pesl
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Retrospektive
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