Inter-City-Text

Internet Projekt, Gespräch, Symposion

Daten
23.–26.10.1997

Details
23.10.1997
17:30: Eröffnung
18:00: Vorträge und Lesungen
25.10.1997
18:00: Internet-Literatur
19:30: Vorträge und Lesungen
26.10.1997
11:00: Schlussdiskussion

Ort
Marieninstitut, Kirchengasse 1
Graz

Inter-City-Text geht von der zeitgenössischen Großstadterfahrung aus und will der Einflußnahme heutiger urbaner Wahrnehmungsformen und Lebensbedingungen auf aktuelle literarische Formen nachspüren. Der Titel des Symposions weist auf internationale Dezentrierungs- und Globalisierungstendenzen, die Auswirkungen auf den Realitätsbegriff und damit auf den Begriff der literarischen Fiktion haben. Der Funktionswandel, dem historische Großstadtzentren gegenwärtig unterliegen, die Verlagerung von Wohn- und Produktionsstätten an die Peripherie bei gleichzeitiger Musealisierung der Stadtkerne, die zunehmend zu Repräsentationsorten staatlicher und wirtschaftlicher Machtstrukturen werden, kann in Zusammenhang mit Entwicklungen im Bereich der neuen Medien gesehen werden. Die Auflösung eines Begriffs von Wirklichkeit, der sich auf sinnlicher Präsenz begründet, und seine Transformation in einen Realitätsbegriff der zeichenhaften Repräsentanz zieht Konsequenzen für das Lebensgefühl der städtischen Bevölkerung und somit für den Subjektbegriff nach sich. Wo mediale Realitäten und virtuelle Bilderwelten eine Telepräsenz in Echtzeit bei gleichzeitiger physischer Abwesenheit bewirken, wo die historischen Stadtzentren sich zu Zeichenstätten entleeren, entsteht ein Sinnüberschuß, der individuelle Realitätswahrnehmung überlagert. In der Literatur bewirkt diese Verunsicherung des Subjektbegriffs ein Fragwürdigwerden der traditionellen Funktion des Autors als zentrierendem Urheber seines Texts. Intertextuelle Verfahrensweisen, die den Autor als kreativen Schöpfer tendenziell zum Verschwinden bringen, Kriminalromanstrukturen als literarische Muster für die fiktionale lch-Erkundung, interdisziplinäre Grenzüberschreitungen der Literatur in Richtung Film, Musik, Essay oder bildende Kunst sowie die vernetzte, dezentrierte Textpräsentation per Internet können auch als Auswirkungen heutiger Stadterfahrung interpretiert werden.

Die Ausuferung der Großstädte an die Peripherie, die tendenzielle Verwischung der Gegensätze von Stadt und Land, Zentrum und Peripherie, An- und Abwesenheit und damit Subjekt und Objekt führt andererseits zu einer dehierarchisierten (Multi-)Kultur der kleinen Zentren, der Stadtviertel, Stadtteile und Vororte, wo im überschaubaren Rahmen lch-Gefühl und Subjektbegriff restituiert werden. Graffitis, Punk- und Undergroundliteratur sind Ausdruck eines Lebensgefühls, das in der Beschränkung auf ein begrenztes soziales oder räumliches Großstadtghetto gegen die zunehmende Entpersönlichung revoltiert.

Teilnehmer:innen: Bogdan Bogdanovic, Jerome Charyn, Petra Coronato, Gundi Feyrer, Arno Geiger, Stewart Home, Heiko Idensen, Rada Ivekovic, Miljenko Jergovic, Ralf B. Korte, Martin Krusche, Jakov Lind, Tobias Meißner, Rainer Münz, Ulrich Peltzer, Lesego Rampolokeng, Franz Schuh, Sarah Schulman, Norbert Siegl, Uwe C. Steiner, Jáchim Topol

Mediathek

02:54 / Video

Christine Frisinghelli

1997
26:57 / Video

Franz Schuh

1997
46:44 / Video

Arno Geiger

1997
41:40 / Video

Bogdan Bogdanović

1997
Retrospektive
Retrospektive
Retrospektive