Literatur im Herbst
Frauen, Literatur und Politik in Ex-Jugoslawien
Gespräch, Lesung, Matinee
Daten
21.–22.10.2000
Details
Eröffnung und Diskussionen
21. 10. 2K, 14.30 Uhr
Lesungen
21. 10. 2K, 20 Uhr
Matinée
22. 10. 2K, 11 Uhr
Ort
Lechnerhaus, Südtirolerplatz 2
Graz
Sie leben heute in Amsterdam, Paris und Wien, in Berlin, Ljubljana und Belgrad: die Autorinnen Ex- Jugoslawiens, die dem nationalistischen Wahnsinn die Stirn boten.
Leicht haben sie es sich nicht gemacht. Noch vor dem Zerfall des Landes meldeten sie sich dezidiert zu Wort: protestierten gegen patriarchalische Bevormundung, propagierten ein Schreiben, das auf Differenz und Vielfalt setzt. Nach dem Ausbruch des Krieges - in Kroatien, dann Bosnien - traten sie definitiv den Beweis an, dass Ästhetik ohne Ethik nicht zu haben ist. Weit radikaler und mutiger als die meisten ihrer männlichen Kollegen, bezahlten sie den Einspruch gegen nationalistische Kriegshetze mit Diffamierung und nicht selten mit dem Exil, verschafften sich aber gerade dadurch internationale Resonanz. Dubravka Ugresics Essaysammlung "Kultur der Lüge" gehört bis heute zum Besten, das über nationalfaschistische Ideologien, über Propaganda, Zensur und Folklorekitsch geschrieben wurde. Im Westen mehrfach ausgezeichnet, brilliert das Buch durch die Schärfe seiner Analyse wie durch Sarkasmus und Witz. Ähnliches gilt für Slavenka Drakulics wahre Geschichten mit dem Titel "Sterben in Kroatien" oder für die von Rada Ivekovic, Marusa Krese u.a. verfassten "Briefe über Krieg und Nationalismus".
Die Phalanx der ex-jugoslawischen Schriftstellerinnen ist eindrücklich und stark. Dennoch: wer spricht von ihnen, wer liest ihre Romane, Erzählungen und Gedichte? Erfreulich immerhin, dass die junge Belgrader Theaterautorin Biljana Srbljanovic mit ihren sozialkritischen Stücken derzeit europaweit Beachtung findet, weiß sie doch mehr - und Subtileres - über serbische Zustände zu berichten als jede Zeitung. Problematisch wäre nur, wenn sich das hiesige Interesse auf die Aktualität der "Botschaft" beschränkte. Die Kulturschaffenden Südosteuropas - namentlich die Frauen - verdienen Aufmerksamkeit auch jenseits aller Politik.
In Lesungen und Podiumsdiskussionen soll dem Rechnung getragen werden. Es geht um individuelle Stimmenvielfalt und um Strategien weiblicher Solidarität, um Engagement und den Wunsch, aus seinem Bannkreis entlassen zu werden, um Macht und Ohnmacht des Schriftstellers, um Lyrisches, Philosophisches und Politisches, um die Frage, was Heimat heute noch bedeuten kann und was es mit der Kunst, mit der Erinnerung und dem Exil auf sich hat. Es geht nicht zuletzt darum, einige bedeutende Autorinnen Ex-Jugoslawiens zur Geltung kommen zu lassen als das, was sie sind: hervorragende Wortkünstlerinnen sowie das Gewissen eines besseren Europa.
Ilma Rakusa
Konzept / Idee: Ilma Rakusa
Konzept / Idee: Lojze Wieser
Autorin / Autor, Text: Slavenka Drakulic
Autorin / Autor, Text: Dejan Dukovski
Autorin / Autor, Text: Rada Ivekovic
Autorin / Autor, Text: Dzevad Karahasan
Autorin / Autor, Text: Marusa Krese
Autorin / Autor, Text: Natasa Rajkovic
Autorin / Autor, Text: Svetlana Slapsak
Autorin / Autor, Text: Biljana Srbljanovic
Autorin / Autor, Text: Dubravka Ugresic
Retrospektive
Retrospektive