1989

steirischer herbst ’89
Chaos

Intendanz
Peter Vujica

Festivaldaten
14.10.–19.11.1989

„Ein Kunstprogramm dem Chaos widmen, darf man das?
In der Kunst darf mal alles, außer langweilige Vorworte schreiben. Deshalb und ausnahmsweise einmal anstatt um Bedeutung bemühten Tiefsinn die Wahrheit.“
„Es ist an der Zeit, auch Kunst so zu betrachten. Jedes Kunstwerk als nichts mehr als eine Zufallsfolge in einem offenen System. Befreit vom Darwinismus der Stilgeschichte, befreit vom Imperativ tonangebender und in Mode stehender Modelle. Der Künstler als Spieler mit einer Materie, die er selbst nicht durchschaut, sein Werk nichts mehr als gemusterte Unordnung, ein Feldpostbrief aus der Schlacht, die das unruhige Leben, solange es kann, gegen den Tod als aller Dinge endliches Maß führt.“
—Peter Vujica

Die letzte Ausgabe unter Peter Vujicas Intendanz stand unter dem Motto Chaos. Wahrscheinlichkeitstheorie, Chaosforschung und die neue Welt des Digitalen waren einige Aspekte des „Ereignischaos aus Kunst, Wissenschaft und Magie“ (Magazin), das in Form von Ausstellungen, Konzerten, Vorträgen und Symposien präsentiert wurde. Anstatt des handlichen Programmhefts im Taschenformat erschien ein Magazin in DIN-A3 mit Interviews mit Vilém Flusser und György Ligeti sowie zahlreichen (semi-)wissenschaftlichen Aufsätzen.

Ein zentraler Programmpunkt war die von Peter Weibel konzipierte Ausstellung Virtuelle Architekturen, die sich der Schnittstelle von Architektur und Medien auf der einen und der Systemtheorie komplexen Verhaltens auf der anderen Seite widmete. Die Ausstellung wurde von einem fünftägigen Symposion zu Chaos und Ordnung begleitet. Ein Höhepunkt der Performance-Reihe Chaos & Co war laut Kritiker Wolfgang Kralicek die Produktion Ça Va der flämischen Truppe Needcompany. Bruno Degazio steuerte eine Fraktale Komposition zum Thema bei und der Kölner Minimal Club um Sabeth Buchmann und Stephan Geene eine Anti Kamera Oper. In der Messehalle veranstalteten Creative Computing Chaos das Computerlabor Touchtech.

Weiterhin förderten verschiedene Projekte den seit Mitte der Achtziger bestehenden kulturellen Austausch zwischen Graz und anderen Städten wie Madrid, München und insbesondere Köln: Christian Nagel kuratierte die Ausstellung Perspektivismus in der Galerie Bleich-Rossi (wo zeitgleich auch Michael Krebber eine Einzelausstellung hatte). Martin Kippenberger konzipierte mit Jörg Schlick La Sonrisa de Brian de Palma mit spanischen Künstler:innen im Forum Stadtpark und parallel dazu Popocatepetl mit neun österreichischen Künstler:innen in der Galería Juana de Aizpuru in Madrid, zu deren Anlass auch das Buch Popocatepetl. 10 Jahre Schallplatten von Diedrich Diederichsen erschien. In der Grazer Messe wurden Münchner Künstler in Graz als Antwort auf die Präsentation Grazer Künstler:innen in der Künstlerwerkstatt Lothringer Straße im Vorjahr gezeigt.

Mit Symphony Nr. 7 schrieb Glenn Branca im Auftrag des steirischen herbst seine erste Symphonie für ein großes Orchester. Das vom musikprotokoll veranstaltete Fest für den 1988 verstorbenen Giacinto Scelsi zählte jenseits von Chaos und Ordnung zu einem der musikalischen Höhepunkte in der Geschichte des Festivals.

Programm

Chaos & Ordnung

Chaos & Co.

Theater / Film

Ausstellungen

Symposion

steirischer herbst in den Bezirken

Festivaleröffnung

14.10., 11:00
Grazer Messe
Eröffnung des "steirischen herbst ´89" durch LH-Stelvertreter Kurt Jungwirth
György Ligeti (A): Désordre, Etudes pour piano, Nr. 6, 1985
Prof. Peter Weibel, Direktor des Institus für Neue Medien, Frankfurt am Main (A): Die Ausstellung "Virtuelle Architektur"
György Ligeti: Galamb Borong, Etudes pour piano, Nr. 7, 1988/89

Veranstaltungsorte

Aula des BORG, Kindberg

Aula des Bundesschulzentrums, Deutschlandsberg

Böhler GmbH, Mürzzuschlag

Congress Graz / Saal Steiermark, Graz

Congress Graz / Stefaniensaal, Graz

Forum Stadtpark, Graz

Freilichtgalerie beim ORF-Landesstudio, Graz

Galeria Juana de Aizpuru, Madrid

Galerie 4, Graz

Galerie Artelier Contemporary, Graz

Galerie BF, Graz

Galerie Bleich-Rossi, Graz

Galerie CC, Graz

Galerie DIDA, Graz

Galerie Freiberger, Mürzzuschlag

Galerie Griss, Graz

Galerie H. + W. Lang, Graz

Galerie K, Graz

Gasthof Zum weißen Rößl, Mürzzuschlag

Grazer Messe, Halle 12, Graz

Heimatsaal im Volkskundemuseum, Graz

Hotel Kohlbacher, Langenwang

Hotel Post, Kindberg

Kinderfreundeheim, Mürzzuschlag

Kulturhaus Graz, Graz

Künstlerhaus, Graz

Messehalle, Graz

Neue Galerie Graz, Graz

Palais Meran, Graz

Refektorium des Münsters, Neuberg/Mürz

Römerhof, St. Lorenzen am Wechsel

Römisch-katholische Pfarrkirche, Krieglach

Saal der Handelskammer Mürzzuschlag, Mürzzuschlag

Schloss Pichl, Mitterdorf

Schloss Trautenfels, Trautenfels

stadtmuseumgraz, Graz

Theater im Palais, Kunstuniversität Graz, Graz

Volkshaus Liezen, Liezen

Publikationen

Programmbuch des steirischen herbst 1989: steirischer herbst Veranstaltungsges.m.b.H., steirischer herbst ’89 (Chaos) (Graz: 1989)

Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Helmut Friedel. Wirklichkeit im Bild aufheben (Graz: Neue Galerie, 1989)

→  Hier erhältlich

Neue Galerie Graz, trigon 89. "aktuelle" KUNST (Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz, 1989)

Retrospektive
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